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[http://www.wischhoff-heuer.de/koma.pdf]
Hoffnung
Die Hoffnung stirbt zuletzt
... und das ist gut so!

Als ich 26 Jahre alt war, hatte ich einen Verkehrsunfall.
Jemand hatte es sehr eilig und überholte mehrere Fahrzeug. Einige sahen, dass Gegenverkehr kam, und bremsten ab, um den Überholer einscheren zu lassen. Dieser aber nahm das Angebot nicht an.
Der Gegenverkehr war ich. Ich wich nach rechts aus, so weit es eben möglich war. Weil der Grünstreifen feucht war, kam ich ins Schleudern.
Mein Fahrzeug prallte mit der Fahrerseite gegen einen Baum.
Mir wurde der Holm in die linke Schädelhälfte gedrückt.

Die linke Schädelhälfte war zertrümmert, die linke Augenhöhle nicht mehr vorhanden, die linke Hirnhälfte nahezu zerquetscht, der Frontallappen und der Hirnstamm verletzt; man konnte durch die Wange in den Rachenraum sehen.
So wurde ich mit dem Rettungshubschrauber in das Nordstadtkrankenhaus Hannover geflogen.
Der hinzugezogene Oberarzt erklärte sich bereit, mich zu operieren, machte aber zur Auflage, dass dies in der HNO-Klinik geschehen solle, da dort auch die Möglichkeiten für plastische Chirurgie gegeben waren.

Drei Tage lang wurde ich operiert. Das ganze Ärzteteam nebst OP- Personal und Anästhesisten der HNO half. Neurochirurgen, Kieferchirurgen und wer auch immer nötig war, wurde hinzugezogen. Niemand hatte die Hoffnung, dass ich auch nur die Operationen überleben könnte. Trotzdem tat man alles, das irgend möglich war. Dr. Bullinger, der die OP leitende Arzt, erklärte meiner Mutter am Unfalltag, dass ich möglicherweise noch drei Tage am Leben bleiben könnte, wenn ein Wunder geschähe.
Wohl schon während der OP fiel ich ins Koma. Nach der OP rechnete man damit, dass ich noch zwei bis vier Wochen am Leben bleiben, aber niemals mehr aufwachen würde. Ein Aufwachen wünschte mir nach den Verletzungen auch kaum jemand wirklich, denn alle Erfahrung sagte, dass ich lebenslang schwerst pflegebedürftig im Bett liegen und niemals mehr erfassen würde, was um mich herum vorging.

Für alle, die erfahren möchten, wie es für mich weiterging, genügt ein Klick auf diesen Button:
Unter anderem während meiner Klinikzeiten habe ich viel gesehen. Hoffnungslosigkeiten und Hoffnungen, die Lügen gestraft wurden:

- einen lieben Mitpatienten, der lebenslang sprachlos im Rollstuhl
  sitzen sollte, drei Jahre später aber sprechend und auf seinen
  eigenen beiden Füßen auf mich zu kam;

- eine kleine Wachkomapatientin quietschfröhlich und rotzfrech
  zurück in der realen Welt, wie es sich für das Alter gehört;

- ein Junge im Liegerollstuhl, der nur noch die rechte Hand
  bewegen und nicht sprechen konnte, aber dennoch mit
  sprechenden Augen, sprechender Hand und
  Schalk im Nacken fröhlich sein konnte;

- ein Familienvater, der sich selbst wegen des "Makels" eines
  Hirnschadens
  aufgeben wollte und sich deshalb monatelang weigerte, zu
  sprechen oder aus dem   
  Rollstuhl aufzustehen, obwohl er es schon früh gekonnt hätte;

- ein Mitpatient, der lebenslang im Rollstuhl sitzt und seinen
  Rollstuhl als Sportgerät betrachtet und nutzt und dadurch  
  manchmal fast beweglicher ist
  als Fussgänger;

- eine Mitpatientin, die sich nach der erfolgreichen Entfernung
  eines Hirntumors allen Therapieerfolgen verweigerte und lieber
  auf den nächsten Tumor wartete;

- eine Mitpatientin, bei der sich die zu entfernenden Polypen als
  Tumor enttarnten, der sich nicht restlos hat entfernen lassen,
  die aber dann einfach den Rest ihres Lebens nahm und ihn
  genoss, statt nur auf den Tod zu warten;

- eine kämpferische Frau, die nach einer Hirnblutung schon
  wieder hatte im Rollstuhl sitzen und sich ganz normal unterhalten
  können, sich aber aufgab, als sie sich aufgegeben fühlte, und
  starb

Derlei Geschichten und Erfahrungen gibt es unendlich viele.
Nur eines haben alle gemein: alle Medizin hilft nicht, wenn der Patient nicht leben will.
Und, auch, wenn die Mediziner keine Hoffnung haben, können sie Erfolg haben, wenn der Patient leben will und kämpft und Mutmacher hat.

Meine ganz persönliche Erfahrung sagt: Schock und Koma sind tolle Einrichtungen.
Ohne den Schockzustand nach dem Unfall wäre ich am eigenen Blut erstickt.
Ohne Koma hätte ich die Schmerzen nicht ertragen können.

Und eines habe ich auch gelernt: Eigentlich ist es vollständig gleichgültig, ob ein Koma 5 Minuten oder 5 Jahre andauert. Entscheidend dafür, wieviel Zeit die Rehabilitation in Anspruch nimmt, ist die Dauer der Aufwachphase.

keine Hoffnung geht nicht,
ausser man will sie nicht!