Unter anderem während meiner Klinikzeiten habe ich viel gesehen. Hoffnungslosigkeiten und Hoffnungen, die Lügen gestraft wurden:
- einen lieben Mitpatienten, der lebenslang sprachlos im Rollstuhl
sitzen sollte, drei Jahre später aber sprechend und auf seinen
eigenen beiden Füßen auf mich zu kam;
- eine kleine Wachkomapatientin quietschfröhlich und rotzfrech
zurück in der realen Welt, wie es sich für das Alter gehört;
- ein Junge im Liegerollstuhl, der nur noch die rechte Hand
bewegen und nicht sprechen konnte, aber dennoch mit
sprechenden Augen, sprechender Hand und
Schalk im Nacken fröhlich sein konnte;
- ein Familienvater, der sich selbst wegen des "Makels" eines
Hirnschadens
aufgeben wollte und sich deshalb monatelang weigerte, zu
sprechen oder aus dem
Rollstuhl aufzustehen, obwohl er es schon früh gekonnt hätte;
- ein Mitpatient, der lebenslang im Rollstuhl sitzt und seinen
Rollstuhl als Sportgerät betrachtet und nutzt und dadurch
manchmal fast beweglicher ist
als Fussgänger;
- eine Mitpatientin, die sich nach der erfolgreichen Entfernung
eines Hirntumors allen Therapieerfolgen verweigerte und lieber
auf den nächsten Tumor wartete;
- eine Mitpatientin, bei der sich die zu entfernenden Polypen als
Tumor enttarnten, der sich nicht restlos hat entfernen lassen,
die aber dann einfach den Rest ihres Lebens nahm und ihn
genoss, statt nur auf den Tod zu warten;
- eine kämpferische Frau, die nach einer Hirnblutung schon
wieder hatte im Rollstuhl sitzen und sich ganz normal unterhalten
können, sich aber aufgab, als sie sich aufgegeben fühlte, und
starb
Derlei Geschichten und Erfahrungen gibt es unendlich viele.
Nur eines haben alle gemein: alle Medizin hilft nicht, wenn der Patient nicht leben will.
Und, auch, wenn die Mediziner keine Hoffnung haben, können sie Erfolg haben, wenn der Patient leben will und kämpft und Mutmacher hat.
Meine ganz persönliche Erfahrung sagt: Schock und Koma sind tolle Einrichtungen.
Ohne den Schockzustand nach dem Unfall wäre ich am eigenen Blut erstickt.
Ohne Koma hätte ich die Schmerzen nicht ertragen können.
Und eines habe ich auch gelernt: Eigentlich ist es vollständig gleichgültig, ob ein Koma 5 Minuten oder 5 Jahre andauert. Entscheidend dafür, wieviel Zeit die Rehabilitation in Anspruch nimmt, ist die Dauer der Aufwachphase.
keine Hoffnung geht nicht,
ausser man will sie nicht!